Sonntag, 17. Juni 2018

Rezension / Werbung - "Eine Frau von Ost nach West" von Britta Banowski

Ihr wisst ja mittlerweile, dass ich immer wieder an Leserunden teilnehme um mein Bücherregal zu füllen.
Es macht in der Regel auch sehr viel Spass weil es sich bisher auch um durchweg tolle Geschichten handelte.
Am allerliebsten bevorzuge ich hierbei Geschichten und Romane von Selfpublishern oder Autoren von kleinen Verlagen, die es immer ein wenig schwer haben, sich auf dem Buchmarkt zu etablieren.
Auch stell ich mich im Supermarkt gerne an den Wühltisch und kaufe Mängelexemplare. Auf diese Weise kommt man sehr günstig an gute Geschichten, die einem die Abende versüßen
Wie gesagt, bisher hatte ich absolut tolle Geschichten - bisher.

Ich hatte also mal wieder eines der begehrten Printexemplare gewonnen - eine Biografie, also durchaus Neuland für meinen eigentlichen Lesegeschmack. Das Thema interessierte mich brennend. Dazu gleich mehr (und ich verspreche, hier wird es tatsächlich mehr dazu geben 😄)





Über die Autorin: 
Britta Banowski wurde 1969 in Schwedt, einer Kleinstadt nordöstlich von Berlin geboren. Vater Zimmermann, Mutter Agrotechnikerin. In Frankfurt/Oder erlernte sie den Beruf der Elektronikerin, wechselte dann aber ins Krankenhaus als Stationshilfe und später Schwesternhelferin.
Ihr Mann stammt aus einem kleinen Dorf im Oderbruch. Aufgrund der schwierigen Arbeitssituation zogen sie zurück nach Schwedt und aus den gleichen Gründen nach der Wende nach Hannover.
Frau Banowski ist Mutter von 3 Söhnen.
Während ihrer Umschulung zur Altenpflegerin erkrankte ihr Mann an Krebs und sie selbst führte die häusliche Pflege, neben der Arbeit, allein zuhause durch, bis es nicht mehr tragbar war.
Außer dieser Biografie, schrieb sie während der Ausbildung  Gedichte, später verfasste sie einen Kinderkrimi für Kinder ab 8.
Quelle: Amazon.de
https://www.amazon.de/Britta-Banowski/e/B01JZMWCF4/ref=ntt_dp_epwbk_0

Grundlegende Daten von "Eine Frau von Ost nach West"
Bereits hier fand ich ein paar seltsame Gegebenheiten, aber lest selbst:
Taschenbuch: 290 Seiten
Verlag: epubli, Auflage 1, 13.11.2017
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 374504620X
ISBN-13: 978-3745046205
Größe: 12,5 x 1,7 x 19 cm

Die Ausgabe meines Exemplars hat dann folgende Daten, welche mit einem anderen Cover ebenfalls auf Amazon erhältlich ist.

Taschenbuch: 189 Seiten
Verlag: indipendent published, 04.05.2018 - im Buch steht
BROKATBOOK Verlag Gunter Pirntke 2018
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 1981009361
ISBN-13: 978-1981009367
Größe: 14 x 2,2 x 21,6 cm

Ein Hinweis auf eine Zweitauflage fehlt völlig.
Generell habt ihr aber zwei, möglicherweise nur in geringem Umfang abweichende Exemplare zur Auswahl. Beide sind über Amazon erhältlich - es bleibt also euch überlassen, für welches Exemplar ihr euch entscheidet.
(So ein direkter Vergleich wäre durchaus lustig 😎)

Klappentext:
Es ist eine biografische Geschichte, die die Höhen und Tiefen einer eigentlich ganz normalen Frau schildert, die nicht weniger als 20 Jahre DDR-Geschichte erlebt hatte und dann 1989 ganz plötzlich und unerwartet in einem Land zu leben lernen muss, welches sie nur als Feindbild kannte. In einer einzigen Oktobernacht entscheidet sich ein ganzes Volk dem Sozialismus zu entfliehen, vergisst aber aus lauter Euphorie, welche Folgen diese Entscheidung haben wird. Und von einem Tag auf den anderen ist nichts mehr wie vorher!

Bisher habe ich Klappentexte nicht sonderlich kommentiert, aber generell ist hier auch schon ein wenig zu erkennen, wie es sich weiterentwickeln kann. ES - gleich zu Beginn würde wesentlich schöner klingen, wenn es DIES wäre.
Der erste Satz ist fast unendlich lang. Es war eine Novembernacht, die alles Entschied, denn am 9. November wurde die Ausreise genehmigt - die Wiedervereinigung fand ein ganzes Jahr später im Oktober statt. Geschichtliche Details sind nicht ganz richtig dargestellt. Aber lasst uns mal ganz zuversichtlich weitermachen.

Cover: 
Das Cover zeigt die beiden deutschen Flaggen. Passt durchaus zum Thema, in der Vorschau kommt es aber klarer raus, als es dann ist. In der Printausgabe wirkt es verschwommen. (Das Problem kenne ich und da das Buch wahrscheinlich ebenfalls auf Create-space hochgeladen wurde, so war die Vorlagendatei wahrscheinlich nicht 'groß' genug und musste gestreckt werden. 

Fairerweise muss man sich aber auch mit dem Cover der Erstausgabe beschäftigen und hier finde ich das Thema bei weitem besser getroffen, wenn nicht um Längen schöner. 

Da ich generell immer alles in meine Rezensionen einfließen lasse, komme ich auf eine Gesamtbewertung von 

⭐⭐⭐

Schreibstil:
Leider muss ich schon hier mit meiner ersten Kritik beginnen, denn der Schreibstil erinnert an einen Aufsatz einer 12 Jährigen. Sicher, eine Biografie schreibt man im Ich-Format, man erzählt ja über sich selbst. Die Wortwahl ist häufig sehr einfach gehalten, der Satzbau besteht teilweise aus nicht enden wollenden Schachtelsätzen (wie beim Klappentext) Die Ausführung wirkt auf mich, wie die eines verärgerten Kindes.
Der Stil erhält von mir lediglich



Das wäre definitiv besser gegangen.

Geschichte/Umsetzung:
Die Geschichte ist eigentlich sehr interessant, denn natürlich ist es interessant, wie ein Mensch aus dem Osten früher gelebt hat, und wie er den Wandel verkraftete.
Auch das Thema Mobbing in Schule und Ausbildung ist interessant, unterschied sich aber damals in keiner Weise von den Situationen, durch die so mancher Wessi auch hindurch musste. Die Autorin sieht zudem immer wieder selbst, dass sie in einer Mangel-wirtschaft aufwuchs, sieht aber die tatsächlichen Gründe dafür nicht. Das zeigen dann auch mehrere Aussagen in der Geschichte - so zum Beispiel nicht Lenin der war, der Anteile des ehemaligen Deutschlands an die anderen Alliierten abzugeben hatte (wie gnädig), sondern es wurde sich vertraglich geeinigt, denn immerhin hatten sie gemeinsam Hitlerdeutschland besiegt. Das ist nicht der einzige geschichtliche Fehler, so erzählt sie z.B. dass Hans-Dietrich Genscher in Ungarn die berühmten Worte: "Ihre Ausreise in die BRD ist..."
Herr Genscher sprach nachweislich auf dem Balkon des Palais Lobkowicz in Prag und sollte ich geografisch richtig liegen, so liegt Prag in der ehemaligen Tschechoslowakei - heute in der Tschechischen Republik. Weiterhin hat Herr Schabowski als Pressesprecher nicht im Oktober die berühmten Sätze gesprochen, sondern er teilte exakt am 9.November um 18.57 Uhr den Ostbürgern mit, dass eine Reisefreiheit für alle Bürger der DDR nun möglich geworden ist.
Das ist jetzt nur ein Ausschnitt der geschichtlichen Fehlinterpretationen - wie es sich mit vorangegangenen Beschreibungen im Bezug auf die Geschichte des Ostens kann ich nicht nachvollziehen, da ich nicht dort aufgewachsen bin.
Ich mache einfach mal weiter mit der Umsetzung und kann mich irgendwie nicht richtig einfinden in diese Geschichte.
Obwohl der Text sehr leicht verständlich geschrieben ist (ich sagte schon, im Stil eines Aufsatzes) springt die Autorin von einem Lebensereignis zum anderen, eröffnet Seitenstränge, die im Nichts enden, spricht Situationen an und verspricht mehrfach, diese zu einem späteren Zeitpunkt auszuführen.
So steht dort über ihre Klassenlehrerin der ersten 5 Schuljahre:
"Denn um Frau Schwarz nicht gleich am Anfang meiner Biografie abzustempeln, werde ich immer mal wieder ein paar kuriose Geschichten einfügen, die diese Frau in ein anderes Licht rücken."
Auf die Fortführung solcher Ankündigungen wartet man vergeblich. Das zieht sich durch die ganze Geschichte - möglich, dass sie wirklich noch etwas darüber erzählen wollte, es dann vor lauter Feuereifer einfach vergaß.
Hierzu hätte ein guter Korrektor durchaus gereicht, der diese Diskrepanzen aufgedeckt hätte und die Autorin entweder dazu angehalten hätte, noch etwas zu dem Thema zu schreiben oder das Versprechen einfach zu löschen.
Offensichtlich ging das Werk nicht mal durch eine Korrektur - und das bei einem Verlag 
🙈
Wie gesagt, das Ganze wäre ja nicht so schlimm, würde so etwas einmalig vorkommen - dann könnte man ja darüber hinwegsehen, aber dann kam dieser Satz:
"Und nur mit viel Glück und meiner eigenen Abwehr habe ich es verhindern können, dass ich heute noch was sehen kann."
Ja meine Lieben, der Satz steht genau so in dem Buch und eigentlich sagt er aus, dass sie jetzt blind ist. 
Ein weiteres Phänomen, sie bringt immer wieder Gegebenheiten durcheinander - so erzählt sie z.B. dass sie während ihrer Lehre (ca. 1985 - 1986) eine Bauchspiegelung durchführen lassen musste - da
".. und erst eine Woche später stellte man eine gynäkologische Diagnose - dem neuen Ultraschall sei Dank."
Später hat sie dann abermals ein gynäkologisches Problem - 1988 hat sie geheiratet und es müsste sich auch in diesem Zeitrahmen bewegen, als eine Schwangerschaft festgestellt wurde, bei der sie ihr als erstes eine Eileiterschwangerschaft vermuteten - dann steht da "In der DDR gab es keine Ultraschallgeräte, jedenfalls zu dieser Zeit noch nicht."
Wie gesagt, sie lässt uns wahllos an Stationen ihres Lebens teilhaben, das Ganze ist unsortiert und unkontrolliert, sonst würden solche Fehler gar nicht vorkommen.
Entsetzt bin ich darüber, dass diese Ausgabe von einem Verlag publiziert wurde, der damit wirbt: Zitat - "kostenlos ein Lektorat und ein Korrektorat enthält"
Weitere Unstimmigkeiten findet man dann auch auf Amazon, wo sie sich selbst eine fünf Sterne Bewertung gibt - mich wundert, dass Amazon diese nicht schon lange gelöscht hat.
Gut, ich Ende mal jetzt hier und gebe euch zu dieser Biografie keine Leseempfehlung.
Allein das Thema, welches tatsächlich sehr interessant hätte sein können, verdient sich hier zwei Sterne. 

⭐⭐

Fazit:
Auch wenn es sich um ein durchaus immer noch aktuelles Thema handelt und ich eigentlich sehr gespannt auf die Leserunde war, so kann ich das Buch nicht weiterempfehlen, da es aus oben genannten Gründen dem Thema in keiner Weise genüge trägt.
Als Berliner-Wessi hat man in den damaligen Zeiten sehr viele Berührungspunkte zum Osten gehabt - wenn wir in den Urlaub wollten, so war es gar nicht möglich dies zu tun, ohne diese innerdeutsche Grenze zu passieren. Selbst im Flugzeug wurden wir reglementiert - mit niedrigen Flughöhen, permanenter Radarüberwachung, langsamer Fluggeschwindigkeit ... etc.
Ja und ich habe auch mehr als nur die schwarzen Tunnel gesehen, denn ich bin auf jede erdenkliche Art und Weise durch den Osten gereist um meine Großeltern in Westdeutschland zu besuchen. Des Weiteren hatten wir weitläufige Verwandtschaft in Hoyerswerda (ja, genau dieses Hoyerswerda, das in der Presse zu zweifelhaftem Ruhm kam), die ebenfalls besucht wurde und Exkursionen nach Berlin Ost.
Traurig, dass ein Mensch dieser Misswirtschaft so hinterhertrauern kann 😔
Traurig, dass man bis heute nicht sehen kann, dass der Ausverkauf der DDR und ihrer Güter bereits viel länger vor der Wende stattgefunden hat, indem sämtliche Rohstoffe und Ressourcen vom großen sozialistischen Bruder abgegriffen wurden.
Der Ami hat den Westen damals gestützt, ihm geholfen wieder auf eigenen Füßen zu stehen, Innovationen gefördert und finanziert - hätte das der Russe mit den Ostdeutschen auch so gemacht, wären nicht so viele untragbare Industriekomplexe in ihren absolut maroden Substanzen dort gestanden. Das konnte nicht standhalten. Dennoch fand ich es damals schon unfair, dass man die dazugehörigen Grundstücke für 1 DMark symbolisch verscherbelte.
Was den extremen Abriss der, gerade in den 60er und 70er Jahren entstandenen Plattenbauten anging - auch diese waren extrem marode - vielfacher Schimmelbefall, kaputte Leitungen - Bleileitungen - fehlende Dämmungen (ob Lärm oder Wärme) eine Sanierung solcher Objekte kostet bis heute mehr, als der Abriss und der Neubau - die Ursache liegt auch hier wieder in der Misswirtschaft und den fehlenden Materialien. Leider ist somit der Konsens der gesamten Geschichte etwas daneben geraten.
Wie ich oben schon andeutete, ist natürlich Mobbing ein Thema, dass sich ganz bestimmt nicht auf Ost oder West aufteilen lässt. Das kam und kommt in beiden Gesellschaften vor und ist für die Betroffenen ganz bestimmt kein leichter Tobak.
Was ebenfalls angesprochen wird - das Thema Verluste.
Natürlich hat ein Mensch, der Ende der 60er Jahre geboren wurde, den ein oder anderen Verlust hinnehmen müssen.
Auch wenn man sich vielleicht noch glücklich schätzen kann, mit den eigenen Eltern sprechen zu können, so vermisst man bestimmt schon Opa oder Oma. Auch das ein oder andere Haustier kann man schmerzlich vermissen, aber ein Kind zu verlieren stellt hier sicherlich das schlimmste Szenario dar.
Egal in welchem Alter dies nun passiert, das ist das allerletzte, was Eltern erleben sollten und hier muss ich der Autorin recht geben, so eine Situation kann einen völlig aus der Bahn werfen - umso besser, dass sie sich Hilfe gesucht hat.
Gesamtwertung
wie ich bereits andeutete, kann ich leider nicht mehr als zwei Sterne verteilen.

⭐⭐

Somit wünsch ich euch einen schönen Sonntagnachmittag

Liebe Grüße

Veronika




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